3 Prognosen zur künftigen Trenddebatte

Oder: Welche Art von Trends werden künftig wichtig?

Prognosen...? In der wissenschaftsnahen Zukunftsforschung sind sie beinahe verpönt. Der Grund: Je volatiler und ungewisser die Welt, desto sinnfreier sind Prognosen. Denn auf Basis von Vergangenheitsdaten ist Zukunft dann nicht mehr »voraussagbar«, logisch. Die Zukunft liegt immer weiter von der Gegenwart entfernt, desto moderner, vernetzter, globaler unsere Welt wird. Deshalb gibt es Szenariotechniken, What-If-Frames und alternative Methoden, um Zukunft anders als prognostisch abzubilden.

Wir trauen uns trotzdem ein paar Vorhersagen zu, was in einer ungewissen Welt, die durch einen Störfall nach dem anderen geprägt ist, en vogue werden wird. Was durch und wegen VUCA im Trend liegt – oder liegen wird. Woher wir die Chuzpe nehmen? Erfahrung, Zeitgeist, beobachtbarer Experten-Habitus.

1. Je mehr VUCA, desto allgemeiner, eher langfristig orientiert und sicherheitsfixierter (am besten qua Statistik) werden die Zukunftsaussagen.

Warum? Die nahe Zukunft ist nahezu opak. Wir wissen nicht, wie die Pandemie im Herbst weitergeht. Wir wissen nicht, wie sich Krieg bzw. Nachkrieg entwickeln. Also wird die Trendforschung all das überspringen (wenn sie nicht in rein fiktionalen Aussagen versacken will: was rein theoretisch alles möglich wäre, aber noch halbwegs wahrscheinlich bleibt). Langfrist (»Mega«-)trends, die mit Zahlen gut hinterlegbar sind (Ökologie, demographischer Wandel, Technologie-Hypes usw.), bestimmen die Szene. Und minutiöse Zergliederungen und Zerlegungen von Trends in Facetten und Miniaturen - der Ingenieur grüßt aus dem 19. Jahrhundert. Verstehen von komplexen Dynamiken, Neuigkeits- und Inspirationsfaktor...?

2. Je volatiler die Märkte, desto größer der Resilienz-Hype. Und umso schmallippiger könnte die Debatte über Musterbrüche, echte Wenden und organisationale Kulturwechsel werden.

Warum? Weil der Faktor der psychologischen Sicherheit immer mehr Raum einnimmt. Wenn eine Gesellschaft unsicherer wird, schlägt sie nicht Wege radikalen Experimentierens ein – das war in der Sozialforschung seit dem zweiten Weltkrieg noch nie beobachtbar, im Gegenteil. Eigentlich wäre Resilienz ein großartiges Thema, die vehemente Suche nach neuen Stabilitätsankern mit Evolution zu verbinden und damit uns selbst das Ganze als Modernisierung erscheinen zu lassen und schmackhaft zu machen.

3. Je größer die gefühlte Unsicherheit, desto mächtiger wird der Dataismus.

Warum? Zunächst: Dataismus ist ein Begriff des Historikers Harari und meint Datenfanatismus, das Wichtignehmen und unbedingte Beharren auf empirischer Belegbarkeit. Zahlen, Daten und Fakten sind die – im westlichen Kulturrahmen – bestmögliche Option, Wahrheit auszuweisen: Das zu beweisen, was wirklich und tatsächlich ist. Alles andere bleibt immer etwas verdächtig – mit zunehmender Schräglage in Richtung Fake News. Bedeutet: Vorschläge und Ideen, die »nicht belegbar« sind, erhalten wenig Aufmerksamkeit. Für Innovativität und neues Denken auch nicht der Knaller.

Fazit

Unter den aktuellen Bedingungen Novität herszustellen (und umzusetzen!), ist harte Arbeit gegen die Norm, die gesellschaftliche Stimmungslage und unsere Gefühlswelt. Das geht – aber nur, wenn ein systematischer, politischer oder ökonomischer Rahmen gesetzt wird, der die Richtung anzeigt (nicht vorgibt!). Oder ein betrieblicher. Unternehmen müssen gegensteuern, wenn sie gedankliche Paralysen unterbinden wollen.

Fehlt ein solcher Rahmen, werden wir einfach nur versuchen, die jetzige Situation irgendwie zu überstehen und da wieder rauszukommen; im besten Fall mit etwas trial-and-error zwischendurch. Was vor dem Hintergrund unserer gesamtgesellschaftlichen Hauptaufgaben ein ziemliches Desaster wäre (immenser Zeitverlust mit Effekten, die wir später kaum mehr aufholen können). 

Führungskräfte bekommen also Sonderaufgaben. Gefragt ist »Team Vordenken«, im Mode-Sprech. Gründen Sie eines.

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