Gehören Sie auch zu denen, die hinschauen, wenn irgendwas aus der Zukunftsforschung kommt?
Viele sind dauer-neugierig, was es Neues gibt über das, was heraufzieht. Was aus der Zukunftsforschung kommt, ist allerdings höchst unterschiedlich - und reicht von Astrologie, Dystopien und High Tech-News über Megatrends und »Irgendwas mit 2050« bis hin zu den Awesone Visions der kalifornischen Moonshot-Gurus. Eine Menge zum Staunen, Wundern und Gleich-Wieder-Zumachen. Kaum einer blickt da durch.
Damit Sie in diesem Futures-Dschungel nicht zu den DUMMIES gehören, sondern die einschlägigen Schubladen und Segmente der Zukünftler kennen, ordnen wir das mal.
Denn Zukunftsforschung ist auch eine junge Wissenschaftsdisziplin aus dem Westen der USA (1940ff), die methodisch-systematisch beobachtet, auf was wir zusteuern, was die generelle Systemdrift ausmacht und was sich – empirisch seriös detektierbar – gerade abzeichnet.
In der Unternehmerszene sprechen wir gern vom »Big Picture« - im Grunde ist das etwas Ähnliches. [Für Eilige direkt zum Fazit]
Zukunftsforschung eignet sich hervorragend für’s Marketing: „Seht her, das musst du unbedingt in deiner Firma machen, das machen jetzt alle / diese Technologie bricht gerade durch!“ Hype-»Verkaufe« ist der populärste Bereich dieses – genau deshalb für viele undurchsichtigen und halbseidenen - Labels.
Personenkult ist eine weitere, verwandte Facette von Zukunftsforschung; die marktschreierische Variante mit einem Haufen Sage-Wannabes, die wissen, was kommt. Seit Beginn der Zukunftsguru-Aufzeichnungen (also seit dem Orakel von Delphi) gibt es ein stabil begeistertes, zahlungsbereites Publikum, das sich gern persönlich und exklusiv von wechselnden Gurus das Kommende deuten lässt. Ein harter Kern dieses Publikums ist seit Jahrzehnten das C-Level-Management.
Die klassische Prognostik ist seit jeher ein etablierter Teilbereich der Zukunftsforschung – aber: Ursprünglich war sie die Kontrastfolie, von der sich die junge Disziplin in den 1940er Jahren in Fernwest (militärisch-industrieller Komplex der USA) abgegrenzt hat.
Das Argument: »Radikale« Zukunft ist nicht vorhersagbar. Prognosen basieren auf »Daten« (also in Zahlen konservierter Vergangenheit). Wenn die Zukunft anders wird als die Gegenwart es ist – und damit umso mehr, als es die Vergangenheit war -, ist Prognostik ein Totalausfall.
»Radikale« Zukunft meint genau das: Ereignisse und Entwicklungen, die deswegen nicht prognostizierbar sind, weil sie sich nicht linear aus der Gegenwart ergeben (wie die meisten Trends das tun). Jeder »Schwarze Schwan« ist in diesem Sinne »radikale« Zukunft – so heißen in der Zukunftsforschung Störfälle und Unerwartbares. Der Mauerfall war einer, Tschernobyl und Fukushima waren welche, auch der Ukraine-Krieg.
In der aktuellen Zeitenwende vermehren sich diese Viecher wie hulle, unter Anderem das boostert die wissenschaftliche Zukunftsforschung.
Wir suchen neue, alternative, komplexitäts-angemessenere Zugänge zur Zukunft – alternativ zu Hühnerbeine-Werfen und Sterne-Gucken, Prognostik, Wahrscheinlichkeitstheorie und Stochastik, Zufallsprinzip und Trial & Error.
Im Zentrum von Zukunftsforschung stehen Antizipationsmethoden und Schulen aus Disziplinen, die zur eben skizzierten Fragestellung anschlussfähig sind. So haben beispielsweise Militärs bei außenpolitischen Kontroversen die Szenario-Technik erfunden.
»Szenarien« kommen von »Szenen«, die sich in Diskussionen tatsächlich – wie im Schauspiel auf der Bühne – zwecks Veranschaulichung ergaben: Länderkonflikte wurden in verteilten Rollen sozusagen »aufgeführt«, um sich besser vorstellen zu können, wie im Kriegsfall ein Land reagiert. Die iterativ durchgespielten Szenen wurden methodisch generalisiert und geboren war die »Szenario-Technik«.
Qualitative Forscherinnen aus den Sozialwissenschaften haben sich die »Delphi-Methode« ausgedacht (eine spiral- und schleifenförmig verlaufende Umfragetechnik). Gedankenexperimente (Philosophie) gehören zum Methodenkanon der Zukunftsforschung genauso wie what-if-frames und vielfältige Spiele mit Zeitformen.
In enger Beziehung zu diesem harten methodisch-systematischen Kern von Zukunftsforschung stehen die amerikanischen Wissens-Consultancies, die es in Europa zu keiner eigenständigen Tradition gebracht haben. Aus solchen Think Tanks kommen seit den 1950er Jahren zentrale Impulse für diejenige Zukunftsforschung, für die sich im wirtschaftlichen Sektor das Label Corporate Foresight etabliert hat.
So heißen die Zukunftsforschungsbereiche der großen Konzerne, die in Deutschland in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts durchaus mal ein Traditiönchen ausgebildet hatten. Nach der Jahrtausendwende wurden sie allerdings peu à peu wieder zurückgebaut, heute sind sie nahezu verschwunden. Die Delphi-Methode beispielsweise wurde erstmalig innerhalb der RAND-Corporation angewandt, ein bis heute in der Szene sagenumwobener Think Tank der US-amerikanischen Militärberatung.
Auf die Frage, warum die unternehmerische Tradition der Foresight derart kläglich einbrach, lautet die schlichte und ernüchternde Antwort:
Die Grundintuition von Zukunftsforschung, dass die Idee, die Zukunft ergäbe sich grundsätzlich aus dem, was bisher war, hart an der Grenze zum Irrsinn surft (man schaue auf die Menschheitsgeschichte – von den zahlreichen Warnungen in der Bibel bzw. allen religiösen Texten, die wir kennen, bis hin zu Ausschwitz), hat in Old Europe nie Fuß gefasst.
Wir auf dem Kontinent haben die Vernunft erfunden – und diese Prägung immunisiert die Europäer bis heute hoch wirksam gegenüber jeder substanziellen Anerkennung der Durchschlagskraft von Fantasie, Vorstellung, Fiktion und dem menschlichen Vermögen, über sich hinauszuwachsen (›wer Visionen hat, muss zum Arzt‹ usw.)
So verrückt die Amerikaner nach diesem Faszinosum sind, so entschieden lehnen das die Europäer ab.
Ein spezielles, extrem nützliches Orientierungswissen. Sie können sich in einer Stapelkrise positionieren.
Denn leider läuft auch ökonomisches und unternehmerisches Denken über diesen »Bias«, diese kulturbedingte Verzerrung und Verzwergung unserer kontinentalen Weltsicht - wie sollte es anders sein.
Das ist eine der größten Hürden in der beginnenden Multikrise: Wir entwickeln einfach weiter für die Dinge, die wir gerade erleben, allgemeingültige Regeln und Standards, und ergänzen die mit unseren Erfahrungen. Das muss reichen; und bisher tat es das ja auch irgendwie.
Diese Zeiten sind jedoch vorbei, ohne, dass wir das bewusst wahrnehmen und bemerken wollen. „Erfahrung killt [inzwischen] das System“, wie uns ein schlauer Unternehmer sagte.
Die Themen genau dieser blinden Flecke dominieren die aktuellen Debatten - und Sie können anders damit umgehen.
Vergleichbar mit dem Klima: Wir können präzise beschreiben, welche Wirkungen der Klimawandel haben wird, unvermeidlich, weil die Entwicklung nicht aufzuhalten ist; aber die Effekte der zahlreichen Einflussfaktoren darauf – sowohl als Treiber als auch als Bremser – lassen sich kaum kalkulieren. Es gibt Negativ-, aber auch Positiv-Spiralen.
Für alles das brauchen Sie Systeminformationen. Ohne Richtung und »Big Picture«-Perspektive sind Sie Gefangener der gegenwärtigen »Ge-Zeiten«, führen kann man so nicht. Die Militärs haben das als erste verstanden (bei ihnen ist der Preis, wenn sie verlieren, am höchsten).
Dieses Wissen ist inzwischen allen zugänglich. Wir haben es für Sie operationalisiert - für's häppchenweise Verfrühstücken im eigenen Betrieb.
Das waren ein paar Facetten eines »Anders-Führens«. Wenn Sie Lust haben, in eine Facette mal tiefer einzusteigen, voilà! Die Facette heißt »Wie ticken die nächsten Führungskräfte?«
Wer überleben will, darf wachsam sein!
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