REIHE BEISPIELE: Wie geht Transformation in der internationalen Wirtschaft?

Worum geht's?

Unsere These lautet: Geistig werden wir ein wenig arbeiten müssen, sonst wird das hier in Europa mit unserer Transformations-Serie (digital, ökologisch, wirtschaftlich, sozial usw.) schwierig (zum Beitrag, zum Video). Unsere Leser* wünschen sich dazu mehr »Butter bei die Fische«. Wie geht das mit der geistigen Arbeit? Gibt’s dafür Beispiele? Dieses Mal beschränken wir uns auf den Sektor Wirtschaft; und hier auf die zwei wichtigsten Konkurrenten, die bereits seit Jahrzehnten ackern.

1. Silicon Valley

Das Prinzip: Man nehme einen anderen Sektor (eine fremdartige Wissenschaftsperspektive, andere Branche, gegenteilige politische Wertung o. A.) und »transponiere«, verschiebe sie auf das jeweilige Problem. Hier am Beispiel Google: Nimm die klassische Ingenieurs-Denke und appliziere sie auf Menschlich-Allzumenschliches. Ergebnis: Das Unternehmen (richtiger: Alphabet, die Holding) investiert seit Jahren massiv in synthetische Genetik. Ein erstes Vorbild war CRISPR, die Genschere (Chemie-Nobelpreis 2020). Mit ihr kann man kostengünstig und präzise einzelne Gensequenzen entfernen, einfügen, manipulieren, dazu muss nur eine RNA verändert werden. Lassen sich in diesem Bob-der-Baumeister-Stil auch Menschen verändern? Klar! In chinesischen Laboren werden längst Lebewesen gezüchtet, die es auf der Erde nicht gibt; und wenn wir 200 Jahre alt werden und unseren IQ auf das Doppelte oder Dreifache pimpen wollen, hilft derlei dafür ebenfalls.

Geistige Arbeit à la california im Interview (Astro Teller, »Captain of Moonshots«, Google): Solche Verschiebungen sind interessant, auch, wenn man nicht weiß, was dabei herauskommt. Sie verbessern die Welt. Und "wenn du dich darauf konzentrierst, die Welt für alle besser zu machen, wird das immer ein gutes Geschäft." So funktioniert Transformation auf transhumanistisch.


2. China

Von der Medien und Öffentlichkeit bisher geflissentlich ignoriert, gibt sich China alle Mühe, seinen modern-technologiediktatorischen Hegemonialanspruch so zu profilieren, dass eine Art »Weltbild« dabei herauskommt – also ein Mindset, das die Westler kapieren. Wofür China soziokulturell in der globalen Welt steht, vermag derzeit kaum jemand zu sagen, obwohl und trotzdem hier viel (PR-)Arbeit geleistet wird. Aber keine transhumanistische - also eine, die den Menschen überbieten will -, sondern fast schon eine subhumanistische. Denn eine anthropologisch bislang gesetzte Ebene wird getilgt: die normative.

Das Ganze heißt schön und vielversprechend, „Unterm Himmel“. Der äquivalente Begriff dafür lautet „Tianxia“. Ein Autorenstar dieser Szene (Buch-Link) versucht, durch die Etablierung des Original-Begriffs ein Label einzuführen, unter dem, politisch-philosophisch, China in seinem neuen Weltbild „gebranded“ werden kann. Ganz offenherzig wird bekundet, dass Tianxia das politische Ideal einer Weltordnung sei – mit einem „neuen Verständnis von Geschichte, von Institutionen und politischen Räumen“. Da weiß man gleich, woran man ist. In aller Kürze die Pointe des Konzepts: Es geht darum, ein kommunikationspolitisch universalisierbares Denkangebot zu schaffen, das „auf jede sich auf einen Wertekanon berufende Erklärung, Kritik oder Narration (.) verzichte(t)“. Um eine „›unbarmherzige‹ ontologische Analyse: ob nämlich eine Existenz in der Lage ist, auf eine ihr gemäße Art erfolgreich fortzuexistieren (...) – ohne Rücksicht auf emotionale oder weltanschauliche Wertungen“. Die Existenz sei den Werten vorangestellt. Für den westlichen Vernunfteuropäer* übersetzt: Sie lesen hier eine erste Gesellschaftsutopie, die ihr Fundament vollständig von Glaube und Werten umstellt auf Evolution (natürlich in anderem Wording). Es gibt keinerlei re-ligio mehr, an was auch immer. (Ein eindrückliches Beispiel dafür, dass in anderen Teilen der Welt Denkerländer durchaus florieren.)

Klingt zwar gruselig, aber erst mal konsistent, man kann ja mal probieren, was dabei herauskommt. Derzeit geht es jedoch vor allem um die intellektuelle Absicherung und Legitimation des eigenen Machtanspruchs. Der Anfang ist gemacht, das »Weltbild« wächst.

Geistes-PR à la China von einem anderen »Rockstar«, Zhang Weiwei, Uni Shanghai: Der Westen habe keine Ahnung von der erosiven Kraft seines freiheitlichen Fundaments, das bei der kleinsten Störung zusammenbrechen könne. Richtig interessant würde es erst, wenn wir anfingen, Menschenmassen auf ihre biologisch-generativen Existenzpotenziale hin zu ordnen und zu optimieren. Der Westen mag sich derweil seine - ganz sicher kurze - libertäre Luxusperiode leisten und damit Zeit verplempern, wir nutzen deren blinden Fleck während dessen zum Anlaufnehmen für eine technologische Perma-Verwurzelung unserer chinesischen Kultur auf diesem Planeten. Erst mal.


Kein Fazit

Und Europa so? 



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