Friederike Müller-Friemauth und Rainer Kühn sind Politologen. Diese Sozialwissenschaft hat eine starke, heute fast abgelegte Zukunftsforschungstradition (Ossip Flechtheim, Robert Jungk u.a.). Müller-Friemauth kommt aus dem »Stall« von Foucault, Kühn aus dem von Luhmann. Sie war in der Corporate Foresight (Industrie, Automotive), Markt- und Sozialforschung (Sinus Sociovision) und ist Professorin für Innovationsmanagement an der FOM Hochschule Köln. Rainer Kühn war viele Jahre in der Erwachsenenbildung tätig. Die beiden nutzen Planungsmethoden der aktuellen, amerikanisch dominierten Zukunftsforschung und fügen sie in den Rahmen einer sozialen Marktwirtschaft ein. Sie verstehen sich als »Translatoren«: übersetzen, binden an und arrangieren neu. Häufig geht es um Ideen-, Branchen- oder Konzepttransfers. Vieles dreht sich aktuell um ein populäres Buzzwort: »VUCA«-Management. Moderne Planungsmethoden müssen Mehrdeutigkeit, Komplexität und hohe Dynamiken bewältigen können. Solche Betriebssteuerung unter dauer-transformatorischen Bedingungen ist die Kernkompetenz eines »Denkens auf Vorrat« in alter Zukunftsforschungstradition. - Die beiden publizieren gemeinsam und die Inhalte, die Friederike Müller-Friemauth auf die Bühne und in Denk Tanks (eine Version moderner sokraktischer Dialoge) bringt, stammen aus dieser wissenschaftlichen Langzeitpartnerschaft. Corporate Educators aus Leidenschaft für das Potenzial, das Europa hat:
Die »VUCA-Welt« ist in aller Munde – und für uns kein Trend. Sie bezeich-net eine Transformation, die vergleichbar ist mit der kopernikanischer Wen-de oder der Industrialisierung. Unsere Führungseliten haben bislang jedoch praktisch keine Vorstellung davon, wie diese neue Welt eigentlich bewältigt werden soll. Gelehrt wird in dieser Hinsicht nichts – was wir indes haben, sind Dutzende Buzzwords, Trends, »Tools« und die Empfehlung, uns an Ungewissheit und Paradoxien schlicht zu gewöhnen. Das ist keine Lösun-gen, sondern eine Kapitulation.
Wie müssen wir denken, analysieren, ordnen und bewerten, um auch in Komplexität, Ungewissheit oder Parallel-Wahrheiten gute Entscheidungen zu treffen? Reichen mehr Informatik, Neurowissenschaften, systemisches Denken (und Digitalisierung, Homeoffice, stabilere Lieferketten und IoT) da-für hin?
Wir glauben: Nein. Und sind überzeugt, dass die europäische Denktradition mehr als jede andere in der Lage ist, diesen Shift zu meistern. Dazu müs-sen wir jedoch geistig wieder einmal ein wenig arbeiten. Europa muss ran, denn hier geht es nicht einfach weiter nach vorn, sondern nach unten in die Tiefe. Wir suchen Substanz – ein uns gemäßes Deep, kein kalifornisches Next.
• Paradoxien sind nicht dafür da, sich an sie zu gewöhnen, sondern aufgelöst zu werden. Wir müssen aufhören, in Schwarz- und Weiß-, Rechts- und Links-Kategorien zu denken, sonst klappt das nicht. Häuptlinge gegen Indianer war gestern.
• Komplexität ist dafür da, mittels Sinnbildung kalibriert zu werden. Wir müssen anfangen, Sensemaking zu lernen. Kompliziertheit ist via Präzision lösbar, Komplexität nur über Relevanz. Ohne Arbeits-Sinn & -Zweck kein Vertrauen, keine Loyalität, keine Bindung.
• Ungewissheit ist dafür da, durch einen Fokus geeicht zu werden. Waldbeobachtung wird durch Maschinen zwar immer leichter, aber gute Menschen-Entscheidungen orientieren sich nun mal an Bäumen. Erst mal müssen wir eine gewisse Schwelle an Verstehen erreichen, dann ergibt sich der Rest fast von selbst. Weil unser System so funk-tioniert, leben wir noch.
Die VUCA-Welt lässt sich verstehen – und damit lernen, in ihr gut und si-cher zu leben und zu wirtschaften. Vieles spricht dafür: besser als jemals zuvor.
Dafür liefern wir zu: Denjenigen Corporates, die genau da auch hin wollen.
Was uns treibt, sind nicht nur die Aussichten, sondern auch die Gestaltungsmacht der Pioniere: die bioökonomisch aufgestufte Brave New World mit zu prägen. Futures as a service means: Spreading deep futures in an european manner.